Die Arbeitswelt und damit auch die Anforderungen an eine gute berufliche Orientierung stehen vor weitreichenden Veränderungen: Digitaler Wandel, erhöhter Fachkräftebedarf sowie zunehmende Ansprüche auf Entfaltung und Selbstbestimmung bei den Jugendlichen in einer insgesamt durch Instabilität und Unsicherheit geprägten Gesellschaft. Die Vielfalt beruflicher Möglichkeiten und Lebensgestaltung ist größer geworden – ebenfalls die Angst, am ersten Übergang zwischen Schule und Beruf eine vermeintlich falsche Entscheidung zu treffen.
Sich zu orientieren, berufliche Entscheidungen zu treffen und damit Weichenstellungen für die eigene Zukunft vorzunehmen stellt damit einen zunehmend komplexer werdenden Prozess für Schülerinnen und Schüler dar. Verlauf und Ergebnis dieses Berufswahl-Prozesses hängen von zahlreichen Faktoren ab, zu deren Erklärung sich unterschiedliche Berufswahltheorien, wissenschaftliche Studien und Evaluationen finden lassen. Die hier vorgelegten Materialien für eine gute Berufsorientierung knüpfen an diesen wissenschaftlichen Kenntnisstand an.
Es geht nicht um eine punktuelle Entscheidung, sondern um einen längerfristigen Übergangsprozess – und die Vorbereitung darauf, auch im weiteren Lebensverlauf immer wieder berufliche (Um-)Orientierungs- und Entscheidungsprozesse vorzunehmen. Hierfür mangelt es auch selten an Motivation und Aktivität bei den Jugendlichen. Als schwierig wird es von den Jugendlichen vielmehr erlebt, sich im Informations- und Möglichkeitsdschungel zurechtzufinden sowie eine angemessene Einschätzung vorzunehmen: Wie kann ich eine Passung schaffen zwischen meinem „Traumberuf“ und meinen tatsächlichen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt?
In der beruflichen Orientierung gilt es in ausgewogener Weise:
- fundierte Informationen und Wissen zu Berufsfeldern zu vermitteln, um Jugendliche dabei zu unterstützen, eine möglichst differenzierte „kognitive Landkarte“ von der Berufswelt zu entwickeln.
- handlungsorientierte Erfahrungsräume zu ermöglichen, in denen Jugendliche das eigenständige und praktische Handeln in mehr oder weniger komplex gestalteten beruflichen Simulationsszenarien erleben und unmittelbare Einblicke und Erfahrungen in berufspraktische Tätigkeiten erhalten können.
- individuelle Reflexions- und Orientierungsprozesse systematisch anzuleiten und zu begleiten, um so einen realistischen Blick auf die eigenen Potenziale, beruflichen Wünsche und Interessen etc., aber auch Unterstützung in kritischen Phasen des Übergangs zu erhalten.
Die Jugendlichen durchlaufen dabei unterschiedliche Phasen, die in einer beständigen Wechselwirkung stehen: In den Selbstfindungsphasen lernen sie sich selbst besser kennen und bilden eine Lebensperspektive heraus. Im Fokus dieser Entwicklungszeit steht, dass die Jugendlichen sich dafür öffnen, Verantwortung für die eigene berufliche Orientierung zu übernehmen. Daraus resultieren wichtige Zielrichtungen für die weiteren Erkundungs- und Entscheidungsprozesse, in denen systematisch praktische Erfahrungen und Informationen eingeholt werden. In den Realisierungsphasen führen die Schülerinnen und Schüler dann die Erkenntnisse aus den Phasen zuvor zusammen und unternehmen notwendige Schritte zur Verwirklichung der beruflichen Entscheidung. Erfahrungen des Scheiterns, Veränderungen in den Interessen, neue Impulse von außen – all dies kann zu erneuter Selbstfindung führen. Diesen Gesamtprozess gilt es individuell zu begleiten.
Schule kommt hier eine besondere Rolle zu: Sie nimmt für die Jugendlichen neben den Eltern eine wichtige, stabilisierende und orientierende Funktion ein. Dies belegen seit Jahren Erhebungen zu diesem Themenfeld - insbesondere auch in verunsichernden Zeiten, wie beispielsweise der Corona-Pandemie. Es geht zugleich um eine pädagogische Aufgabe: Jugendliche werden befähigt, den Übergang eigenständig zu initiieren und aktiv auszugestalten. Sie erwerben Berufswahl- und Übergangskompetenzen, die für die Gestaltung ihrer zukünftigen beruflichen Lebenswege unerlässlich sind.
Schule stellt in Ergänzung zu den Eltern eine professionell-institutionalisierte biographische Begleitung im beruflichen Orientierungs-, Erkundungs-, Entscheidungs- und Realisierungsprozess sicher. Sie kann aufgrund ihres Bildungsauftrags einen sicheren Rahmen für eigene Erkundungen ermöglichen und Jugendliche gezielt in ihrer Gestaltungsrolle zur Verselbständigung stärken.
Um dieses Potential von Schule zu entfalten, braucht es klare Qualitätsstandards und eine systematische Verankerung der beruflichen Orientierung in der gesamten Schul- und Unterrichtsstruktur. Unterstützt werden kann dies durch fundierte Praxismaterialien, mit denen eine konkrete, in den Schulalltag integrierte Umsetzung für jede Lehrkraft möglich und leistbar wird.
Genau hier setzt die Orientierungshilfe für Lehrkräfte an:
Es wird dargestellt, wie sich ausgehend vom Lehrplan mit bewährten Praxisinstrumenten die einzelnen Faktoren einer gelingenden beruflichen Orientierung erreichen lassen.
Damit ist eine hoffentlich für Sie gewinnbringende Kombination aus fachlich-wissenschaftlicher Fundierung und konkreter Anwendbarkeit in der eigenen Unterrichtspraxis gelungen!